Mit Beschluss vom 27.9.2012 legt der Bundesfinanzhof (BFH) dem
Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob das Erbschaft- und
Schenkungsteuergesetz (ErbStG) in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen
Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig
ist. Der BFH teilt zwar nicht die Ansicht des klagenden Erben, dass die
beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u. a.
Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde
Dritte) verfassungswidrig ist. Er ist jedoch der Auffassung, dass Teile
des ErbStG deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen,
weil die darin vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen
Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das
verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen. Im Einzelnen
stützt er seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:
- Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des
Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen
und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran stellt eine
nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit
verfassungswidrige Überprivilegierung dar.
- Das ErbStG ermöglicht es Steuerpflichtigen, durch rechtliche
Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck
nicht erfüllt, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer
Steuerbelastung zu erwerben.
- Die zusätzlich zu den Freibeträgen anwendbaren Steuervergünstigungen
zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen führen dazu, dass
die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die
Ausnahme sind.
Die Verfassungsverstöße führten - so der BFH - teils für
sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte
Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die
diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht
beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige,
der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung
verletzt würden.
Anmerkung: Was ist hier zu tun? Eine konkrete Empfehlung ist nach
derzeitigem Stand nicht ohne Weiteres und pauschal möglich. Es stellt
sich die Frage, inwieweit das Bundesverfassungsgericht den Überlegungen
des Bundesfinanzhofs folgt. Geht man davon aus, besteht für
betroffene Steuerpflichtige unter Umständen erheblicher Handlungs-
und entsprechender qualifizierter Beratungsbedarf. Entsprechende
Steuerbescheide sollten ggf. in Absprache mit uns offengehalten werden.
Auch sollten Sie bei Bedarf ein Vorziehen von Betriebsvermögensübertragungen
mit uns besprechen. |