Änderung des Versicherungsvertragsrechts zum 1.1.2008


Der Bundesrat hat am 21.9.2007 der Reform des Versicherungsvertragsrechts zugestimmt, sodass die Novelle zum 1.1.2008 in Kraft treten kann. Folgende Änderungen sind vorgesehen:
  • Verbesserte Beratung und Information der Versicherungsnehmer: Die Versicherer müssen die Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Vertrages künftig besser beraten und informieren. Das Beratungsgespräch ist zu dokumentieren. Wenn Anlass besteht, ist auch im laufenden Vertragsverhältnis zu beraten. Will ein Versicherungsnehmer z. B. einen Lebensversicherungsvertrag kündigen, sollte u. a. auf die Möglichkeit hingewiesen werden, den Vertrag ohne Prämienzahlung fortzusetzen.

  • Vorvertragliche Anzeigepflichten: Eine weitere wichtige Neuerung besteht darin, dass der Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss grundsätzlich nur solche Umstände anzuzeigen hat, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Das Risiko einer Fehleinschätzung, ob ein Umstand für das versicherte Risiko erheblich ist, liegt damit nicht mehr beim Versicherungsnehmer. Verstöße des Versicherungsnehmers gegen die Anzeigepflicht berechtigen den Versicherer nur noch dann zum Rücktritt vom Vertrag, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. In den anderen Fällen kann der Versicherer den Vertrag lediglich unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung für die Zukunft kündigen oder die Fortsetzung zu anderen Bedingungen verlangen. Der Versicherer muss seine Rechte innerhalb einer Ausschlussfrist (drei Jahre in der privaten Krankenversicherung, sonst 5 oder - bei vorsätzlichem oder arglistigem Handeln - 10 Jahre) geltend machen, da eine Rückabwicklung eines Vertrages oder eine rückwirkende Anpassung nach vielen Jahren den Versicherungsnehmer unzumutbar belasten kann.

  • Direktanspruch in der Pflichtversicherung: Bei einer Pflichtversicherung wird dem Geschädigten künftig in bestimmten Fällen ein Direktanspruch gegen den Versicherer eingeräumt. Dies bedeutet, dass der Geschädigte nicht auf die Mithilfe des Schädigers angewiesen ist.

    Künftig wird der Geschädigte darüber hinaus bei allen Pflichtversicherungen den Versicherer auch dann unmittelbar in Anspruch nehmen können, wenn über das Vermögen des Schädigers ein Insolvenzverfahren eröffnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, oder wenn der Aufenthalt des Schädigers unbekannt ist.

  • Einheitliches Widerrufsrecht: Das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen wird vereinheitlicht. Es besteht unabhängig vom Vertriebsweg. Insbesondere können nach dem neuen Recht auch Handwerker und Freiberufler, nicht nur Verbraucher, einen Vertrag widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt zwei Wochen, bei der Lebensversicherung 30 Tage. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer sämtliche Vertragsbedingungen und Informationen übermittelt worden sind. Die im geltenden Recht vorhandene absolute Ausschlussfrist von einem Jahr entfällt ersatzlos.

  • Aufgabe des Alles-oder-Nichts-Prinzips: Verletzt der Versicherungsnehmer nach Vertragsabschluss vertragliche Pflichten oder andere Obliegenheiten grob fahrlässig, bemessen sich die Folgen künftig danach, wie stark sein Verschulden wiegt.

  • Das Prinzip der "Unteilbarkeit der Prämie" wird abgeschafft: Wird der Versicherungsvertrag im Laufe des Versicherungsjahres von der Versicherung gekündigt oder durch Rücktritt beendet, muss der Versicherungsnehmer künftig die Prämie auch nur noch bis zu diesem Zeitpunkt zahlen.
Modernisierung der Lebensversicherung
  • Anspruch auf Überschussbeteiligung: Der Anspruch auf Überschussbeteiligung wird im Gesetz als Regelfall verankert. Erstmals erhält der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven. Der Versicherungsnehmer soll in Zukunft angemessen auch an den noch nicht realisierten Gewinnen beteiligt werden (sogenannte stille Reserven), soweit sie durch seine Beiträge erzielt worden sind. Die Versicherungsunternehmen müssen die stillen Reserven offenlegen und den Versicherungsnehmer jährlich über den auf ihn entfallenden Teil unterrichten. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes hat jeder Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Überschussbeteiligung, und zwar für die Restlaufzeit seines Vertrages nach Inkrafttreten. Bereits erfolgte Überschussbeteiligungen für die Zeit vor Inkrafttreten bleiben unberührt.

  • Modellrechnung: Der Versicherungsnehmer ist darüber zu unterrichten, welche Leistungen zu erwarten sind. Die Angaben müssen realistisch sein und dem Versicherungsnehmer deutlich machen, dass es sich nur um Prognosen und nicht um garantierte Leistungszusagen handelt.

  • Berechnung des Rückkaufswerts: Der Rückkaufswert der Lebensversicherung ist künftig nach dem Deckungskapital der Versicherung zu berechnen. Dies gilt auch, wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird. Diese Regelung gilt für ab dem 1.1.2008 neu abgeschlossene Verträge.

  • Frühstorno: Die Abschlusskosten der Lebensversicherung werden bei Kündigung auf die ersten fünf Vertragsjahre verteilt. Der Rückkaufswert fällt damit in den ersten Jahren höher aus, weil die gezahlten Prämien bisher häufig in den ersten zwei Vertragsjahren verrechnet wurden. Auch dies gilt für ab dem 1.1.2008 neu abgeschlossene Verträge.

  • Transparenz bei Abschluss- und Vertriebskosten: Eine deutliche Verbesserung der Transparenz für die Verbraucher wird sich daraus ergeben, dass die Versicherer verpflichtet werden sollen, die jeweiligen Abschluss- und Vertriebskosten zu beziffern und offenzulegen.
Das Gesetz tritt am 1.1.2008 in Kraft. Es ist dann für alle nach diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträge gültig. Auf laufende Verträge (Verträge, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen werden) findet bis zum 31.12.2008 altes Recht Anwendung. Danach gilt auch für diese Verträge das neue Recht. Die Neuregelung der Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung gilt auch für Altverträge schon ab dem 1.1.2008. Die Neuregelung der Berechnung der Rückkaufswerte gilt nur für Neuverträge, also für Verträge, die nach dem 1.1.2008 geschlossen werden.

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